Wie viel Frischluft braucht der Mensch?
Der Mensch kann "Frischluft" nur über Gerüche wahrnehmen. Ein Sinn für die Gaskonzentrationen oder Feuchtegehalt fehlt uns.
Was ist Frischluft?
Als Frischluft wird in unseren Breitengraden im Allgemeinen die Luft außerhalb von Gebäuden bezeichnet.
Zusammensetzung Außenluft (Atmosphäre)
ca 78% Stickstoff
ca. 21% Sauerstoff
sowie Edel- und Spurengasen und 0,04% Kohlendioxid
Als "gebrauchte oder verbrauchte" Luft können wir unsere Ausatemluft bezeichnen
Zusammensetzung Ausatemluft
ca. 78% Stickstoff
ca. 16% Sauerstoff
ca. 4% Kohlendioxid
und 2% andere Bestandteile
Unser Atemreflex wird über die Kohlendioxidanreicherung im Blut gesteuert.
So können wir "Frischluft" über der Kohlendioxidanteil der Luft definieren.
Lüften nach CO2 Gehalt
C02 – der wichtigste Indikator für die Luftqualität
Der Mensch braucht bekanntlich den Sauerstoff der Luft um atmen zu können. Dieser Sauerstoff wird zum Teil im Körperstoffwechsel „verarbeitet“. Die Ausatemluft enthält einen geringeren Sauerstoffanteil aber desto mehr Kohlendioxid.
Der Kohlendioxid (C02- ) Gehalt wird in Volumen % angegeben. Als Grenzwert für Wohnräume in Deutschland gilt 0,15% (1.500 ppm) C02.
CO2-Konzentration in der Luft |
Wirkung der CO2-Konzentration auf den Menschen |
0.0387 | Normale CO2-Konzentration im Freien |
0.5 | Maximal erlaubte Arbeitsplatzkonzentration |
1.5 | Atemzeitvolumen nimmt um mindestens 40 Prozent zu |
4 | CO2-Konzentration beim Ausatmen |
5 | Schwindel, Kopfschmerz |
8 bis 10 |
Atemnot, Schwächegefühl bis Bewusstlosigkeit, Tod nach 30 bis 60 Minuten |
20 |
Schnelle Bewußtlosigkeit Tod nach 5 bis 10 Minuten |
Zum Vergleich:
In einem ungelüfteten voll besetztem Klassenzimmer, oder einem ungelüfteten Schlafzimmer treten bis zu dreimal so hohe Konzentrationen auf, wie der Grenzwert für Wohnungen.
Um den CO2 Gehalt auf 0,15% zu begrenzen muss pro Person ca 25 m3 Frischluft pro Stunde zugeführt werden (Dieselbe Menge wird auch abgelüftet).
Nach DIN-Vorschrift müssen mindestens 30m3/h pro Person im Haus/Wohnung ausgetauscht werden.
Die für den Stoffwechsel ausreichende Sauerstoffversorgung beträgt dagegen nur 10% des Luftvolumenstroms, der zur Abfuhr der „verbrauchten“ (C02 und Schadstoffbelasteten) Innenluft benötigt wird.
Lüften nach Gerüchen
Jeder Geruch wird von Menschen in angenehm oder unangenehm unterteilt. Unangenehme, stinkende oder MVOC belastete Geüche werden automatisch und unverzüglich abgelüftet. Aber bei den eigenen Ausdünstungen setzt ein gewisser Gewöhnungseffekt ein. Wir nehmen diese teilweise nicht mehr war.
Auch können Gaskonzentrationen oder manche geruchlose aber schädigende Gase nicht wahrgenommen werden.
Das Lüften nach Gerüchen ist also ineffektiv.
Lüften nach Luftfeuchtigkeit
Der Anteil von gasförmigem Wasser in der Luft wird als Luftfeuchte bezeichnet. Dieser ist messbar. Der Feuchtegehalt der Luft wird angegeben in Volumen % Wasser pro m3 Luft als relative Luftfeuchte oder in g/m3 als absolute Luftfeuchte. Wir Menschen können nur zwischen sehr trockener Luft oder sehr feuchter Luft unterscheiden. Da wir zu 70% aus Wasser bestehen trocknen wir bei zu trockener Luft aus (relative Luftfeuchte unter 35%). Auf der anderen Seite beginnen aber ab einer relativen Luftfeuchte von ca. 70% Schimmelpilze zu wachsen.
- Dies bedeutet daß im Wohnungsbau das "ideale" Feuchtelevel bei ca 50% relativer Luftfeuchte liegt.
- Nach jedem Lüften wird die Luftfeuchte der Innenluft, der Luftfeuchte der Aussenluft angepasst.
- Um angenehme Innentemperaturen zu haben, wird die Wohnung zur Aussenluft möglichst dicht geschlossen.
- Durch Feuchteabgabe der Menschen und anderen Feuchtequellen im Innenbereich wird der Feuchteanteil der Innenluft wieder erhöht.
- Wir lüften wieder.
Innenraumluftfeuchte = Luftfeuchte der Außenluft + produzierte Luftfeuchte innen
Dies bedeutet:
Rechenbeispiel: Wir nehmen an, wir haben eine neu renovierte völlig dichte Wohnung von 75 m2 und 2,5m Zimmerhöhe, bewohnt von 4 Personen. Wir berechnen die Feuchteproduktion in 24 Stunden:
- 4 Personen a´ 50 g/h 200 g/h
- Küche gesamt pro Tag ca. 2400 g ergibt 100 g/h
- 10 Pflanzen a´ 10 g/h 100 g/h
gesamt 400 g/h
zeitweilige Feuchteproduktion
1,5 Stunden Körperpflege im Bad 2250 g
2250g/tag
ergibt:
400 g/h x 24h = 9600 g/tag zuzüglich Feuchte Bad 2250g/tag
ergibt eine Feuchteproduktion von ca. 11500 g pro Tag
Weitere Bedingungen:
Innentemperatur 20°C und es wird immer bei 70% rel. Luftfeuchte gelüftet.
Außentemperatur 0° C und 40 % Luftfeuchte
Bei 20°C und 70% r.h. ist 12,1g/m3 Wasser in der Innenluft.
Bei 0°C und 40% r.h. ist 1,9 g/m3 Wasser in der Außenluft.
D. h. 1 m³ eingeströmte Außenluft kann maximal ca 10 g Wasser aufnehmen (12,1g/m3-1,9 g/m3)
Um die angefallene Feuchte eines 4 Personenhaushalts aufnehmen zu können, wird 11500 g / 10g/m3 = 1150 m3 Austauschluft benötigt.
Das Wohnungsvolumen beträgt 2,5m x 75m2 = 187,5 m3.
Dies bedeutet, dass die Luft 1150 m3 / 187,5 m3 = ca. 6 also 6 mal komplett an einem Tag ausgetauscht werden muss.
(zur Vereinfachung wurden die Sorbtionsfähigkeit der Innenoberflächen, sowie Fugendurchlässe nicht berücksichtigt)
Dies bedeutet also:
Um die Feuchteproduktion in einer Wohnung, die durch 4 Personen bewohnt wird, ablüften zu können, muss mindestens sechs mal ein kompletter Luftaustausch stattfinden, und die „neue“ Raumluft mindestens 6 mal wieder aufgeheizt werden.
Oder: Bei höheren Außentemperaturen und/oder höherer Außenluftfeuchte muß dementsprechend öfter gelüftet werden.
Wie oft muss gelüftet werden?
Die höchste Luftwechselrate ist daher im Wohnbereich zum Feuchteausgleich erforderlich.
Die relative Luftfeuchte in der Wohnung sollte bei ca 50% gehalten werden.
Da wir keinen Sinn zur Feststellung der Luftfeuchte besitzen ist es angebracht nach Hygrometer zu lüften.
Die relative Luftfeuchte sollte auf 50% gehalten werden.
Lüften, aber wie?
Lüften, aber wie?
Zur Abführung von Wohngerüchen und auch der angefallenen Feuchtigkeit wird von jeher über die Fenster und Türen gelüftet.
Unter „Lüften“ versteht man landläufig das Öffnen ein oder mehrerer Fenster.
Einfach alle Fenster aufreißen und warten. Ist es damit getan?
Grundsätzlich –Ja.
Aber wir wollen ja, daß es nicht zu kalt wird. Wir wollen und müssen Heizkosten sparen. Nur wie lüften wir am effektivsten?
Lüften hat zum Ziel Gerüche und Feuchtigkeit aus der Luft der Wohnung nach Außen abzuführen. Dies sollte schnell und effektiv erfolgen, ohne dass der Fußboden, die Wände und die Decke zu sehr auskühlen.
Dazu wird kurzfristig ein „Zug“ erzeugt. Die warme, feuchte und verbrauchte Luft wird schnell und effektiv durch trockenere und frischere Luft ersetzt.
D.h. am Besten wird diagonal und vertikal gelüftet.
Die sogenannte Stoßlüftung.
Die Dauer der nötigen Lüftung hängt von der Feuchtedifferenz (dem Feuchtegefälle) von Außen und Innen, der Größe der Wohnung und der Anordnung der Fenster (Zugrichtung) ab. Es sollte nicht zu kurz, aber auch nicht zu lange gelüftet werden.
Am Besten sie kontrollieren dies über einen handelsüblichen Hygrometer. Genug gelüftet wurde, wenn die verbleibende Luftfeuchte zwischen 40 und 50% liegt.
Lüften Sie nie durch gekippte Fenster. Diese werden oft vergessen. Die angrenzenden Bauteile kühlen aus. Sie erreichen dadurch nur erhöhte Heizkosten und bei ausgekühlten angrenzenden Bauteilen einen eventuellen Schimmelbefall.
Lüftungsstufen
Lüftungsstufen nach DIN 1946-6
Die DIN 1946-6 führt vier Lüftungsstufen unterschiedlicher Stärke auf.
Stufe 1
Lüftung zum Feuchteschutz LF
Notwendige Lüftung zur Sicherstellung des Bautenschutzes (Feuchteschutz) in Abhängigkeit des Wärmeschutzniveaus- unter üblichen Nutzungsbedingungen.
Dabei werden die Feuchtelasten teilweise reduziert.
D.h. Bei zeitweiliger Abwesenheit der Nutzer, (leer stehende Wohnung).
Diese Stufe muss, nach der Norm, ständig und unabhängig vom Nutzer sichergestellt werden.
Stufe 2
Reduzierte Lüftung RL - früher Mindestlüftung
Dies beinhaltet die nötige Lüftung zur Sicherstellung der hygienischen Mindestanforderungen sowie des Bautenschutzes (also die Feuchte- und Schadstoffbelastung) unter üblichen Nutzungsbedingungen bei teilweise reduzierten Feuchte- und Schadstofflasten (z.B. bei zeitweiliger Abwesenheit des Nutzers)
Diese Stufe muss weitestgehend nutzerunabhängig sichergestellt sein.
Stufe 3
Nennlüftung NL - früher Grundlüftung
Die ist die nötige Lüftung zur Sicherstellung der hygienischen Anforderungen sowie des Bautenschutzes bei Anwesenheit der Nutzer (Normalbetrieb)
Der Nutzer kann hierzu teilweise mit aktiver Fensterlüftung herangezogen werden.
Stufe 4
Intensivlüftung IL
Ist zeitweilig nötig mit erhöhtem Luftvolumenstrom zum Abbau von Lastspitzen. (z.b. durch Duschen, Kochen, Waschen etc.)
Der Nutzer kann hierzu teilweise mit aktiver Fensterlüftung herangezogen werden.
Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen
Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen
Für alle die nur ein Eigenheim erstellen, eine Wohnung modernisieren, den Wärmeschutz an bestehendem Wohnraum verbessern oder mehr als 3 Fenster austauschen ist es notwendig sich über die zukünftige Lüftung Gedanken zu machen.
Unsere heutigen „high-tec“ Gebäude müssen die Energieeinsparverordnung einhalten und sind daher „luftdicht“ auszuführen.
Es stellt sich immer die Frage: „Wie lüfte ich mein Gebäude?“
Ich möchte ein gesundes Wohnklima und keine Schimmelgefahr einerseits und andererseits möchte ich meine Kosten so gering wie möglich halten.
Die Frage, ob überhaupt eine „Lüftungsanlage“ benötigt wird, wird bei Eigenheimerstellern meistens aus dem Bauch beantwortet. (Mehrmals am Tag Querlüften reicht schon).
Doch es gibt durch DIN 1946-6 und die DIN 18017-3 eine klare Stellung hierzu.
Fensterlose Räume müssen nach DIN 18017-3 mechanisch belüftet werden.
DIN 1946-6 sagt darüber hinaus, daß wenn in einer Wohnung, in einer gewissen Zeiteinheit, der Luftvolumenstrom durch Infiltration (über Undichtigkeiten- Blower Door Test) kleiner ist als der nötige Luftvolumenstrom zum Feuchteschutz (Menge der notwendig auszutauschenden Luft), dann sind die Anforderungen zur Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme gegeben.
Manuelle Fensterlüftung ist keine lüftungstechnische Maßnahme
da dies nicht nutzerunabhängig stattfinden kann.
D.h. Es muss in jedem Fall ein Lüftungskonzept erstellt werden.
Aufstellen eines Lüftungskonzeptes
Bei der Aufstellung eines Lüftungskonzepts ist immer die Lüftung zum Feuchteschutz nutzerunabhängig sicherzustellen.
Wenn in einem Gebäude fensterlose Räume vorhanden sind, der Infiltrationsluftwechsel zum Feuchteschutz nicht ausreicht, erhöhte Anforderungen an Hygiene, Energie oder den Schallschutz gestellt werden, müssen sowieso lüftungstechnische Maßnahmen festgelegt werden.
Dabei reicht die Palette der lüftungstechnischen Maßnahmen von reinen Außenluftdurchlässen mit freier Lüftung, Querlüftung und Schachtlüftung, mit oder ohne Überströmdurchlässe über mechanische Zu- und Abluftanlagen bis zu Klimaanlagen mit oder ohne Wärmerückgewinnung. Auch Nachheizregister oder Kühlanlagen können in diesem Zuge eingeplant werden.
Die Ausführungsanforderungen steigen mit den Anforderungen an die Hygiene-, Schallschutz- und Energieanforderungen.
In diesem Planungsprozess wird die grundsätzliche Art der Lüftung, abgestimmt auf die Nutzung, festgelegt.
Ein Lüftungskonzept ist daher für jedes Haus obligatorisch.
Tatsächlich wird in der Praxis, vorallem Im Sanierungsfall oft kein Lüftungskonzept erstellt, auch wenn es nach DIN 1946-6 erforderlich wäre. Die meisten Handwerker und Planer haben etwas darüber gehört. Das Thema ist angekommen, wird aber vermieden, da "unbequeme" Wahrheiten zutage kommen können.
Bei einem Gebäude, das nach den Vorgaben der EnEV 2014 gebaut oder instandgesetzt wird, führt das Lüftungskonzept in der Regel dazu, daß lüftungstechnische Maßnahmen ergriffen werden müssen.
N50 Werte von 1,5 bei Bestandsgebäuden und 1,0 bei Neubauten sind die Regel. Es werden vermehrt auch Werte von 0,7 oder darunter erreicht. Manuelle Fensterlüftung ist keine lüftungstechnische Maßnahme, da diese nicht nutzerunabhängig sichergestellt werden kann. Fensterlüftung kann nur unterstützend eingesetzt werden.
Es reicht also nicht aus, nach einem Fensteraustausch, die Bauherrn oder Mieter darauf hinzuweisen, daß von nun an öfter gelüftet werden muss. Der ausführende Handwerker oder der Planer muß ein Lüftungskonzept erstellen oder erstellen lassen. Dieses muß auch dem Bauherrn ausgehändigt werden.
Der Bauherr ist natürlich nicht verpflichtet die Ergebnisse des Lüftungskonzepts zu verwirklichen, doch wird er diese im Eigeninterssse zur Schimmelvermeidung und bei Vermietung zur Haftungsreduzierung berücksichtigen.